|
Aunjetitzer Kultur
Die Aunjetitzer-Kultur wurde nach der Stadt Aunjetitz (Únetice) bei Prag benannt. Dort wurde um 1870 von Cenek Rýzner ein urgeschichtliches Gräberfeld untersucht, das aus 31 Gräbern bestand.
Diese Kultur umspannt den Zeitraum von ca. 2300 bis 1600/1500 v.Chr., fällt damit also in die frühe Bronzezeit. Ihr Kerngebiet war vermutlich Mähren, von wo aus es sich auf große Teile der Tschechei, der Slowakei, Polens, des östlichen Deutschlands bis hin ins östliche Niedersachsen und Teile Niederösterreichs ausbreitete. Diese Ausbreitung erfolgte wahrscheinlich durch die Übernahme der Errungenschaften dieser Kultur durch die umliegenden Stämme, weniger durch Krieg,.
Aus dieser Kultur (Aunjetitzer Kultur) gingen schließlich die Italiker, Illyrer, die Veneter und...die Kelten hervor.
Während der Zeit der Aunjetitzer-Kultur erfolgte ein Aufschwung des Metallgießens, der sich erst richtig in ihrer Spätzeit auswirkte. Dieser Aufschwung wurde durch das Beimischen von Zinn zum Kupfer ermöglicht, wodurch Bronze entstand. Hierdurch wurde das Material geschmeidiger, so daß auch kleinere Gegenstände hergestellt werden konnten. Bis sich diese Methode durchsetzte, bestand Schmuck aus Kupfer. Geräte und Waffen wurden aus Knochen, Steinen und Geweih hergestellt.
Als Waffen benutzten die Aunjetitzer Bronzebeile, Bronzedolche und Pfeil und Bogen. Hinzu kamen Bronze-Stabdolche und Bronzekeulen, die wahrscheinlich als Kultwaffen dienten, und steinerne Streitäxte, die anscheinend nur den Fürsten vorbehalten waren.
Untereinander und mit anderen Gebieten betrieben die Aunjetitzer Tauschhandel. Dieser erstreckte sich bis hin nach Mykene. Anzeichen hierfür ist ein in Nienhagen in Sachsen gefundener Becher, der , nach Meinung von Arthur Evans mykenischen Vaphio-Bechern ähnelt, ebenfalls Fugenaperlen aus Mykene, die im Gebiet der Aunjetitzer Kultur gefunden wurden, während man in Mykene Bernstein fand, der vermutlich aus . Beim Handel untereinander und mit anderen Völkern dienten Bronzebarren in Form von Ösenhalsringen und Beilen als Währung, ebenso Salz und Schmuck.
Vom sonstigen Leben in der Aunjetitzer-Kultur ist nur bekannt, daß sie verschiedene Getreidesoren anbauten (Gerste, Emmer und Einkorn), Viehzucht betrieben, jagten und sowohl Pferde ritten als auch vor Wagen spannten. Ob sie durch einen Krieg vernichtet wurden oder einfach in der Hügelgräberkultur aufgingen, ist nicht bekannt, da die erhaltenen Gräber und Siedlungsreste darüber keine Auskunft liefern.
Tongefäße : In der älteren Zeit waren die Tongefäße noch relativ ´´kümmerlich`` ausgearbeitet. Gelegentlich sind sie mit stilisierten Tierdarstellungen verziert.
In der Spätzeit ändert sich dieses jedoch. Die hier auftretende Grundform kann man besonders gut an Tassen und Krügen erkennen. Sie besteht aus einem konkaven Gefäßhals, an dem sich auch die Griffe, sowohl Ösengriffe als auch Griffleisten, befinden. Dieser Hals ist durch Musterung und/oder scharfen Graten von dem restlichen, runden Gefäßkörper getrennt.
Die Verzierung der Tongefäße ist einfach gehalten. Sie bestehen aus einfachen, eingeritzten Linien, die sich in Paaren von mindestens zwei Stück als Ringe um das Gefäß ziehen. Gelegentlich gehen von diesen Linien im rechten Winkel weitere Linien ab, so daß ein Fransenmuster entsteht, welches durch angehängte Dreiecke zusätzlich verziert sein kann.
Schmuck : Schmuck bestand sowohl aus Gold als auch aus Bronze oder Bernstein und trat in verschiedenen Formen auf. Ein beliebtes Motiv waren Spiralen. So existierten Spiralröllchen, Spiralringe, Spiralbeinringe und Spiralarmringe. Letztere konnten durch Knopfenden verziert sein. Diese entstanden aus den Enden, die sich zusammenrollten.
Neben den Spiralarmringen waren auch Armbänder, Armstulpen und Armmanschetten als Armschmuck üblich. Armbänder kamen immer nur in geöffneten Versionen vor, wobei die Enden als Pfötchenenden, Stempelenden oder unverziert dargestellt sein konnten. Armstulpen waren gewöhnlich mit einem Ripp-Muster versehen. Diese Form trat besonders im nördlichen Bereich der Kultur auf. Die Armmanschetten zuletzt waren mit geometrischen Motiven, ähnlich denen der Tongefäße verziert.
Als Halsschmuck waren neben Ketten mit Bernsteinperlen Ösenhalsringe üblich. Diese ähneln stark den Armringen, nur bilden die offenen Enden Ösen.
Gürtelschnallen wurden durch mit geometrische Motiven verzierte Gürtelbuckel und Schmuckscheiben gebildet.
Ihre Kleider steckten sich die Aunjetitzer mit Gewandnadeln fest. Beliebte Formen waren die zyprische Schleifennadel, so genannt, da man u.a. auf Zypern ähnliche fand, deren Ende eine Schleife bildete und sich um den oberen Nadelkörperbereich windet, und Eikopfnadeln, an deren Enden sich ein ovales, eiförmiges Gebilde befindet. Desweiteren existieren Haken- und Ösenkopfnadeln. Letztere werden auch Aunjetitzer Nadeln genannt. Ihr oberes Ende ähnelt einem Nadelkopf, auf dem ein Halbring eine Öse bildet.
Waffen : Als Waffen benutzten die Aunjetitzer u.a. Beile. Am häufigsten wurden Randleistenbeile gebraucht. Neben diesen existierten u.a. Langqueidbeile, lange, schmale Beile, einer Hacke ähnlich, mit zwei Schneiden.
Als Dolche wurden hauptsächlich Triangulärdolche benutzt. Diese bestehen aus einer dreieckigen Klinge, deren Mittelrippe verdickt sein kann. An der runden Griffplatte befinden sich Nietenlöcher, die dazu dienten, den Griff aus Horn oder Holz zu halten. Eine weitere Form ist der Stabdolch. Hierbei handelt es sich um einen Stab aus Bronze oder Holz, an dessen oberen Ende eine zweischneidige, dreieckige Klinge im rechten Winkel sitzt. Ihre Mittelrippe nimmt zur Spitze hin ab und kann gelegentlich geometrisch verziert sein. Er diente wahrscheinlich als Kultwaffe.
Die Siedlungen : Die Aunjetitzer lebten in kleinen, über das Land verstreuten Gruppen, bei denen es sich vermutlich um Familienverbände handelte. Für ihr Zusammenleben sind verschiedene Formen nachgewiesen.
In der Frühzeit sind kaum Siedlungen nachgewiesen. Wahrscheinlich wurden Höhlen bewohnt.
Feste Siedlungen setzten sich erst in der Spätphase der Kultur durch. Hierbei handelte es sich
größtenteils um offene Siedlungen mit verstreut stehenden, aber festen Häusern. Es gab ebenfalls Siedlungen auf Höhenzügen, die allerdings nur selten befestigt waren, wie z.B. der Mühlberg bei Großbrembach, der anhand der dortigen Siedlungsgrube als Siedlung erkennbar ist. Hier handelte es sich um eine Großsiedlung für 80 - 130 Menschen. Zuletzt gab es noch einige wenige befestigte Siedlungen, bei denen es sich vermutlich um den Wohnsitz der "Fürsten" und ihrer Familien handelte. Diese befanden sich in der Nähe von Fernhandelswegen, Kreuzungen und Erzvorkommen, bevorzugt im Vorgebirge oder an Flüssen. Sie waren nur von einer Seite her zugänglich. Im Gebirge waren sie an Steilhängen gelegen, an Flüssen in Flußschleifen. Der schmale Zugang konnte leicht durch Gräben und Wälle geschützt werden, wie z.B. bei Mutzschen in Sachsen, der größten "Burganlage". Diese Burgen waren von geringer Größe (0,4-2,8 ha) und befanden sich in der Regel 15 - 35 km voneinander entfernt.
Bei den verwendeten Häusern handelte es sich um Pfostenbauten mit einer daneben liegenden Abfallgrube. Diese Häuser konnten riesige Ausmaße annehmen. In Esbeck bei Schöningen (Niedersachsen) wurden so 2 Hausgrundrisse gefunden, die auf Häuser von 27 x 6 m hinweisen, insgesamt also 162 qm. Häusergrundrisse von ähnlich großen Häusern wurden in Böhmen und Mähren gefunden.
Der Totenkult : Bei der Aunjetitzer-Kultur handelt es sich um einen Grabsittenkreis, der sich durch seine Bestattungssitten von den umliegenden Kulturen abgrenzt. In der Regel wurden die Toten auf der rechten Seite liegend bestattet, den Blick nach Osten gerichtet, die Füße nach Norden, den Kopf nach Süden orientiert.
Im allgemeinen waren die Gräberfelder relativ groß. In Großbrembach waren 108 Tote in 81 Gräbern bestattet. In der Spätzeit waren für das einfache Volk auch Kollektivgräber üblich. In Werlaburgdorf in Niedersachsen wurden in einem Erdgrab 7 Leichen gefunden, während man in Reidewitz in einem 1,35 m langen und 35 cm breiten Steinkistengrab 12 Erwachsene fand.
In der Frühzeit herrschten einheitliche Gräber vor. Man kann an den Gräbern keine unterschiedlichen Besitzverhältnisse erkennen. Es waren einfache Erdgräber, die gelegentlich mit einer Steinplatte abgedeckt wurden, wie bei einem Beispiel in Dingelstedt, wo eine 1,55m hohe, 1 m breite und 20 cm dicke Platte gefunden wurde, die heute undeutbare Symbole trägt (Motiv eines Menschen, links oben Kreis, darunter Stilaxt, senkrechte Linie in der Mitte, ovales Gebilde). Die Ausstattung war einheitlich, nämlich Schmuckstücke und Tongefäße.
In der Spätzeit arbeitete sich jedoch eine deutliche soziale Differenzierung heraus. Bei den einfachen Gräbern handelte es sich um einfache Flachgräber, gelegentlich wurden sogar Grabhügel aus der Jungsteinzeit wiederverwendet. Kinder wurden häufig in Tongefäßen bestattet, ähnlich den Pithoi-Bestattungen in Griechenland. In den Gräbern lagen selten Bronzegegenstände, häufiger jedoch Tongefäße oder nichts.
Sozial höher stehende wurden entweder in Steinkistengräbern oder "Fürstengräbern" beigesetzt. Steinkistengräber waren bis zu 3,5 m lang, 2,5 m breit und 1,25 m in den Boden eingelassen. Ihre Seiten bildeten Steinplatten. Diese beiden Gräbertypen waren mit reichen Beigaben ausgestattet. Diese bestanden aus Bronze, Bernstein, Gold und Ton. Ein Frauengrab bei Kyhna in Sachsen enthielt so z.B. 1 geometrisch verzierte Schmuckscheibe, 2 kleinere Buckelkreisscheiben, 1 zyprische Schleifennadel, 1 Schleifennadel mit ovalem Kopf, 8 Schleifenringe, 31 Spiralröllchen (Gesamtlänge : 1,55 m), 11 Bernsteinperlen, 1 kleiner Dolch und ein kleines trianguläres Messer. Männergräber enthielten teilweise sogar Goldwaffen, so z.B. in Dieskau, wo ein goldenes Randleistenbeil gefunden wurde.
Das größte Grab der Art der "Fürstengräber" wurde bei Sömmerda-Leubingen in Thüringen gefunden. Seine Holzbestandteile werden dendrochronologisch auf ca. 1950 v.Chr. datiert. Es besteht aus einer 3,5 m langen, 1,5 m breiten und 1,2 m hohen Totenhütte aus Eichenbalken, die einen spitzen Winkel bilden. Auf diese Stützbalken waren Bretter gelegt, der Boden war mit Steinen gepflastert. Das Dach war durch eine Schilfschicht und Kalkmörtel abgedichtet. Über dieser Hütte war ein 2 m hoher, 18 m durchmessender Steinhügel aufgeschichtet, auf dem 5 m hoch Erde aufgeschüttet wurde. So hatte der Grabhügel eine Höhe von 8,5 m, einen Durchmesser von 34 m und einen Umfang von 110 m.
Im Inneren der Hütte war der Fürst mit seinen Beigaben gelagert. Bei diesen handelt es sich um goldene Gewandnadeln, ein Goldarmband, eine goldene Lockenspirale, einem goldenem Spiralröllchen, eine 17 cm lange Steinaxt, verschiedene Bronzewaffen (z.B. Bronzeäxte, Stabdolche), Bronzeschmuck und einen sogenannten "Kissenstein", vermutlich als Schleifstein, Amboß, Hammer oder zur Goldbearbeitung dienend. Diese Gaben waren ordentlich rechts neben dem Toten gelagert, sie dienten also nur als Beigaben, nicht als Trachtbestandteil. Auf der linken Seite befindet sich nur ein Tongefäß, das in einem Steinkreis steht, der an eine Feuerstelle erinnert. Dies ist mit zwei Ritzlinien verziert. Die auffälligste "Grabbeigabe" ist jedoch ein ca. 10 Jahre alter Junge, der im rechten Winkel über den Knien des "Fürsten" liegt. Er wurde wahrscheinlich mit beigesetzt, um seinem Herren (?) im Totenreich als Diener zur Seite zu stehen.
Mit Ausnahme seiner Ausmaße und des Jungen ist das Leubinger Grab ein typisches Fürstengrab. Ähnliche Gräber kann man u.a. in Nienstedt in Thüringen und in Dieskau in Sachsen-Anhalt finden. Auffällig ist allerdings, daß diese Gräber fast nur in Deutschland gefunden wurden, nicht in anderen Gebieten der Aunjetitzer Kultur.
http://www.archaeologie-online.de/thema/2000/03/b1.php3 http://www.archlsa.de/zeitstrahl/bronze/fruehbronze.htm
|