Susanne Mahlmeister: “Progression IV”, 1988, 5-teilige Arbeit, Stahl, bemalt, 117 x 81 x 955 cm, erworben 1990
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Röhrenprojekt Berlin
"Progressionsreihe, oder guck doch in die Röhre“
Den Ausgang zu diesem „Röhrenprojekt“ in Berlin gab die Idee, unabhängig von offiziellen Kunstämtern, Sponsonren etc. in Eigenleistung, jedoch mit der Unterstützung einer Tiefbaufirma, Objekte unterschiedlichster Art „klammheimlich“ im Stadtraum zu verteilen; die Reaktionen der Bewohner, Passanten, der Stadt überhaupt zu registrieren, um nach Ablauf einer kurzen Frist von ca. 10 Tagen alle Röhren gemeinsam auf dem Gelände des ehemaligen Botschaftsviertels locker zu verteilen. Das Interesse der Öffentlichkeit wuchs; die Röhren wanderten weiter in Berlin von Standort zu Standort, wobei den Künstlern die Verbreitung des Grundgedankens, die Realisierung „ohne öffentliche Mittel“, im Mittelpunkt stand und auch als Kritik an der herkömmlichen Kunst-im-Stadtraum-Politik wichtig erschien. So unterschiedlich das Interesse der beteiligten Künstler am „Röhrenprojekt“ war, so unterschiedlich ging jeder Einzelne seine Definition der Röhre als Ausgangsform an.
Meine Idee: „Guck doch in die Röhre, bzw. Progressionsreihe“ basierte auf der simplen Vorstellung, entgegen den in der jüngsten Kunstgeschichte so häufig verwandten aufragenden Skulpturen ein Äquivalent in Form von „Schwarzen Löchern“, die aus den entsprechend ausgewählten Standorten langsam „herauswachsen“, bzw. dem Rezipienten die Möglichkeit der Imagination von „unterirdischen Verbindungen“ zu geben: Jeder Standort brachte eine neue Variante des sich hinab Beugens, in die „Röhre Guckens“ hervor, die Situation an der alten Tonkuhle, Salzgitter-Thiede jedoch war und ist für meinen eigenen Anspruch die optimalste. Wo bislang die Röhren im Stadtraum standen, war plötzlich die Konfrontation mit einem idyllischen Ökotop/Biotop gegeben.
Ganz bewußt habe ich die abfallende Stelle gewählt, die eine der wenigen Stellen an der Tonkuhle darstellt, dien den nistenden Vögeln wenig Schutz bietet. Bewußt wurde die höchste der Röhren in Ufernähe als Schutz (Bollwerk) aufgestellt, und die sich aus der Landschaft resultierende, ansteigende Form wurde integraler Bestandteil der geometrischen Anordnung der aus dem Boden herausragenden Röhren/Ringe.
Darüber hinaus bietet diese „Röhrenreihung auch einen Spiel = Nutzungscharakter: der Besucher kann mit seinen Kindern von Ring zu Ring springen, in der höchsten Röhre verschwinden oder ganz einfach reinschauen und ... entdecken: neue Kleinstbiotope, oder sich einfach seiner Imagination hingeben: Woher kommen diese Röhren – wohin führen sie?
August 1989 Susanne Mahlmeister
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