pestDie Pest


Im Oktober 1347 liefen zwei genuesische Handelsschiffe mit toten und sterbenden Männern an den Rudern im Hafen von Messina ein. Die erkrankten Seeleute hatten Schwellungen von der Größe eines Hühnereis in den Achselhöhlen und in den Leisten. Die Schwellungen näßten von Blut und Eiter und machten Geschwüren Platz und schwarzen Flecken, die sich über die ganze Haut ausbreiteten. Die Kranken litten schwere Schmerzen und starben innerhalb weniger Tage.
Es handelte sich um die Pest, die in zwei Arten auftrat: durch infizierte Blutbahnen, die die Beulen und Lymphdrüsenschwellungen hervorbrachten und durch einfachen Körperkontakt übertragen wurden. Die zweite Art infizierte die Lungen und verbreitete sich durch Atemübertragung.
In den folgenden zwei Jahren wurde ganz Europa heimgesucht. Bis zum Januar 1348 hatte sich die Seuche über Marseille in Frankreich ausgebreitet. Schiffe trugen sie die Küsten und Flüsse entlang. Zur gleichen Zeit wütete sie in Rom und Florenz samt deren Hinterland in Italien. Zwischen Juni und August befiel sie Bordeaux, Lyon und Paris, tobte in Burgund und in der Normandie, überquerte von dort den Kanal, setzte sich in Südengland fest und fiel, an der Nordseeküste vorrückend, 1349 in Niedersachsen ein, wo sie sich in den folgenden zwei Jahren verbreitete.
Die Sterblichkeitsrate bei der Beulenpest betrug 20 bis 75 %, bei der Lungenpest 100 %. Die Opfer husteten und schwitzten schwer, spuckten Blut und hatten hohes Fieber. Alle Körperausscheidungen, Atem, Schweiß, Blut, Urin und blutschwarze Exkremente rochen faul. Hilflosigkeit, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit begleiteten die Krankheit. Pestärzte verbreiteten in Traktaten und Rezepten Ratschläge, Diäten und Verhaltensmaßregeln, skurril und widersprüchlich. Jeder Arzt wusste eine andere Kur und keiner konnte helfen. Duftstoffe wie Moschus gehörten zu den verbreiteten Abwehrmitteln, Edelsteine und Amulette, Pesttaler mit christlichen Motiven die am Körper, mitunter auf der Zunge getragen wurden, Feuer, um die verunreinigte Luft zu säubern, Stiftungen an Kirchen und für die Armen, Kirchen, Kapellen und Hospitalbauten, Kult der Pestheiligen Rochus, Sebastian oder Christophorus, schließlich die spektakulären Bußübungen der Flagellanten, die sich in langen Prozessionen bis aufs Blut öffentlich selbst auspeitschten, gehörten mit zu den ersten Reaktionen auf den schwarzen Tod.
Spätestens ab Frühjahr 1350 hatte sich die Seuche in ganz Niedersachsen verbreitet. Niemand weiß bis heute, wie viele an der Pest gestorben sind. Bisweilen auftauchende Zahlenangaben, wie etwa 4000 Tote in Wildeshausen in der Nähe von Oldenburg, was mit Sicherheit sehr viel mehr war als Wildeshausen zu diesem Zeitpunkt Einwohner hatte, oder auch 6966 Tote für Bremen, können als Ausdruck der enormen Verluste gelten, nicht als auch nur ungefähre Schätzung der Mortalität. Papst Klemens VI. erteilte für alle Seuchenopfer die Generalabsolution, weil die meisten ohne kirchlichen Beistand ins Grab gesunken waren.
In Braunschweig wütete die Pest von April/Mai 1350 bis Januar 1351. Das Barfüßerkloster soll damals bis auf einen Mönch ganz ausgestorben sein. Damit Gott die Stadt vor solchem Unheil behüten möge, bestimmte der Rat von Braunschweig 1350, man solle fortan den St. Autorstag jährlich feiern und dann in Prozession nach dem Aegidienkloster ziehen, um dort dem Heiligen und Beschützer der Stadt fünf Wachslichte zu verehren. Aber auch in den ländlichen Gebieten starben die Bauern auf ihren Äckern oder in ihren Häusern. Die Überlebenden überfiel Apathie. Das Vieh wurde nicht mehr versorgt, auch aus Mangel an Arbeitskräften das Getreide nicht mehr geschnitten, die Ernte nicht mehr eingefahren und nicht mehr gesät. Ganze Dörfer wurden zu Wüstungen, und die Natur holte sich zurück, was ihr in vielen Jahren mühsam abgerungen worden war.
Überall, wo Bauernfamilien ausgestorben waren, verfügten die Grundherren nun über wüste Höfe, von denen sie keine Einkünfte mehr bezogen. Damit einher ging die Periode der sogenannten großen Agrardepression und die folgenschwere Abwanderung der Landbevölkerung in die Städte.

Eine gute Seite zum Thema Pest ist http://www.pest.de/start.htm