Meteoriten

In der Erdfrühzeit war die Erde einem regelrechten Meteoriten-Bombardement ausgesetzt. Die Spuren sind längst verschwunden, unsere heutigen Kontinente hatten sich noch nicht gebildet. Aber die Einschläge aus dem Weltraum haben nicht aufgehört, auch wenn sie seltener geworden sind.

 

Große Einschläge in der Vergangenheit

Generell gilt: je größer die aus dem Weltall einstürzenden Körper sind, desto seltener sind sie. Gefährlich große Trümmer sind offensichtlich selten. Ein Meteoroid mit vielleicht hundert Meter Durchmesser, der eine große Stadt völlig vernichten kann, trifft nur alle paar tausend Jahre die Erde. Dennoch gibt es zahlreiche Hinweise, dass unser Heimatplanet in der Vergangenheit von großen Objekten getroffen wurde, die eine weltweite Katastrophe ausgelöst und jeweils einen Großteil des Lebens auf der Erde ausgelöscht haben. Mehr als hundert Einschlagkrater mit zehn und mehr Kilometer Durchmesser, teilweise größer als hundert Kilometer, wurden auf unserem Globus aufgespürt.

Am bekanntesten von den prähistorischen Einschlagkatastrophen ist wohl der plötzliche Untergang der Dinosauriervor 65 Millionen Jahren. Mit ihnen verschwanden auch viele andere Tierarten. Die Biologen sprechen vom großen Faunenschnitt. Die Ursache für die rasche Auslöschung eines Großteils der höher entwickelten Arten war damals der Einschlag eines rund zehn Kilometer großen Kleinplaneten am Nordrand der mexikanischen Halbinsel Yucatan nahe der heutigen Stadt Chicxulub. Der kosmische Hammerschlag schlug damals einen im Durchmesser 180 Kilometergroßen Krater in die Erdoberfläche. Die Aufschlagenergie, die zur Bildung dieses riesigen Ringwalls erforderlich war, entsprach etwa einer Milliarde Megatonnen TNT. Trinitrotoluol (TNT) ist der stärkste bekannte chemische Sprengstoff. Eine stärkere Wasserstoffbombe setzt die Energie von etwa zwanzig Megatonnen (= Millionen Tonnen) TNT frei. Somit wurde der Chicxulub-Krater mit der Energiemenge von rund fünfzig Millionen Wasserstoffbomben erzeugt.

Solche gewaltigen Einschläge haben weltweite Wirkungen, die man auch unter der Bezeichnung „nuklearer Winter" zusammenfasst. Außer einer gewaltigen Bebenwelle, die mehrmals um den Erdglobus läuft, fegen orkanartige Stürme um die Erde und noch Tausende Kilometer vom Einschlagort entfernt versengt der Feuerball der Impakt-Explosion die Landstriche und tötet alles Leben. Riesige Mengen an Gestein und Staub werden in die Atmosphäre geschleudert und verdunkeln monatelang das Sonnenlicht. Als Folge davon sinken die Temperaturen an der Erdoberfläche weltweit ab, weite Gegenden vereisen, das Ökosystem gerät aus dem Gleichgewicht. Kälte und Dunkelheit lassen viele Spezies aussterben, Monate und wenige Jahre nach dem eigentlichen Impakt.

Der Chicxulub-Krater ist inzwischen längst versunken und liegt heute zur Hälfte unter der Karibik. Nur mit indirekten Methoden konnte er aufgespürt werden. Der hohe Iridium-Anteil -die so genannte Iridium-Anomalie- ist ein starkes Indiz für seinen extraterrestrischen Ursprung.

Der große Faunenschnitt am Ende der Kreidezeit im Übergang zum Tertiär vor 65 Millionen Jahren war jedoch nicht die einzige weltweite Katastrophe, die durch ein kosmisches Impakt-Ereignis hervorgerufen wurde. Mindestens vier weitere Einschläge vernichteten einen Großteil des Lebens und löschten manchmal mehr als neunzig Prozent der Arten aus. Die biologische Evolution wurde auf diese Weise jeweils in eine neue Richtung gelenkt. So gab es vor 251 Millionenjahren am Übergang vom Perm-Zeitalter zum Trias ein gewaltiges Massensterben, hervorgerufen durch die Kollision mit einem Planetoiden oder großen Kometenkern. Der älteste, bisher bekannte schwere Treffer ereignete sich vor rund 420 Millionen Jahren am Übergang vom Ordovizium zum Silur. Am Ende des Devons, dem großen Zeitalter der Fische vor 310 Millionen Jahren, war die Erde abermals Zielscheibe eines gewaltigen kosmischen Treffers. Vor 170 Millionen Jahren im Jura schließlich war ein weiterer großer Knall zu verzeichnen, der den meisten damals lebenden Wesen den Garaus machte. Nicht in allen Fällen ist ein zugehöriger Einschlagkrater auszumachen. Zudem versagt bei derartigen Zeitskalen unser menschliches Vorstellungsvermögen,das von unseren Alltagserfahrungen geprägt ist. Eine Sekunde kann uns sehr lange vorkommen, wenn man mit der heißen Herdplatte in Berührung kommt oder der Zahnarzt mit dem Bohrer einen Zahnnerv trifft. Hundert Jahre kann man noch abschätzen, eventuell auch ein- oder zweitausend Jahre historischer Vergangenheit. Eine Zeitspanne von nur einer Million Jahren jedoch entzieht sich völlig unserer Vorstellungskraft.

So gesehen sagt es uns wenig, wenn man die Abschätzungen der Astronomen zu Ohren bekommt, wie häufig mit einem schweren Zusammenstoß aus dem Weltall zu rechnen ist. Aus der Kraterstatistik unseres Erdmondes ergibt sich, dass Projektile von einem Kilometer Durchmesser hundertmal häufiger sind als solche mit zehn Kilometer. Nur alle hundert oder zweihundert Millionenjahre wird die Erde von einem zehn bis zwanzig Kilometer großen Kleinplaneten getroffen. Körper mit fünf Kilometer Durchmesser dürften alle zehn bis dreißig Millionen Jahre mit der Erde kollidieren. Alle Million Jahre ist im Mittel mit dem Einschlag eines ein Kilometer großen Objektes zu rechnen. Auf unser Alltagsleben übertragen bedeutet dies, dass wir so gut wie nie mit einem kosmischen Hammerschlag während unseres Daseins rechnen müssen. Zumindest ist die Wahrscheinlichkeit so extrem gering, dass wir uns über die Bedrohung aus dem Weltall keine weiteren Gedanken machen müssen. Das dachte man jedenfalls bisher.

 

Wie groß ist die Gefahr wirklich?

Doch so einfach liegen die Dinge nicht. In den letzten Jahren hat sich nämlich herausgestellt, dass die Gefahr einer kosmischen Kollision mit katastrophalen Auswirkungen auf die Menschheit weit größer ist, als man gemeinhin angenommen hat.

Zunächst ist zu bemerken, dass auch kleinere Körper lokale Katastrophen bewirken, wenn sie auf die Erde stürzen. Der Barringer-Krater in Arizona ist knapp 50.000Jahre alt und somit noch recht jung und deshalb gut erhalten. Das im Durchmesser 1,2 Kilometergroße Loch wurde von einem etwa vierzig Metergroßen kosmischen Kleinkörper geschlagen. So manche Bibelberichte und sonstigen Schilderungen über Katastrophen in ferner Vergangenheit der Menschheitsgeschichte sind vermutlich auf große Meteoritenfälle zurückzuführen. (Viel weniger wahrscheinlich sind die Hypothesen, Außerirdische hätten Atombomben gezündet.) Erst in jüngster Zeit gab es einen gewaltigen kosmischen Treffer, der nur deshalb nicht zur Katastrophe wurde, weil er sich über nahezu unbewohntem Gebiet ereignete. Am 30. Juni 1908 explodierte in acht Kilometer Höhe über dem Fluss Steinige Tunguska in Ostsibirien ein rund hundert Metergroßer Körper, der mit etwa zwanzig Kilometer pro Sekunde (= 72.000 Kilometer pro Stunde) Geschwindigkeit in die Erdatmosphäre eingedrungen war. Man schätzt, dass die Tunguska-Explosion die Sprengkraft einer Zwölf-Megatonnen-TNT-Atombombe hatte. Im Umkreis von zwanzig Kilometern wurde alles plattgewalzt, die Bäume wurden entlaubt und umgeworfen. Spätere Expeditionen hatten den Eindruck, auf einen Wald umgestürzter Telegrafenstangen zu treffen. Mehrfach lief eine Erdbebenwelle um die Erde, die unter anderem auch in Potsdam registriert wurde. Reisende der eben fertiggestellten Transsibirischen Eisenbahn berichteten als Augenzeugen von einem gigantischen Feuerball. Der Lokführer hielt den Zug an, weil er glaubte, die Lok sei entgleist-so stark schwankte die Erde. Wäre die Tunguska-Explosion über dicht besiedeltem Gebiet erfolgt, so wären Millionen Tote zu beklagen gewesen.

 

Man vermutet, dass alle tausend Jahre ein Ereignis in der Größenordnung derTunguska-Explosion unseren Planeten heimsucht. Doch dies ist nur eine grobe Schätzung. Die meisten derartigen Vorkommnisse sind uns bis in die jüngste Vergangenheit entgangen,denn rund siebzig Prozent der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt. Ein größerer Einschlag in den Ozean kann aber auch verheerende Folgen haben. Wie bei einem Steinwurf in einen Teich wird eine kreisförmige Wasserwelle erzeugt. Sie kann hundert Meter und höherwerden. Aber selbst relativ kleine Wellen werden zur Gefahr, wenn sie die Küsten erreichen. In den flachen Küstengewässern steilen sie sich zu gewaltigen Flutbergen auf und führen zu gigantischen Überschwemmungen. Und viele große Städte und Siedlungen liegen an Meeresküsten. Doch auch die kontinentalen Bewohner fernab von Küsten sind durch Einschläge ins Meer bedroht: Ihnen droht ein Hyperkan (engl.: hypercane), ein Begriff, der noch kaum in einem Lexikon zu finden ist. Computersimulationen haben nämlich gezeigt, dass bei einem Einsturz eines großen Körpers in der Atmosphäre eine gewaltige Sogwirkung entsteht. Ein mächtiges Tiefdruckgebiet wird damit hervorgerufen. Der geringste Luftdruck, der bei einem Hurrikan jegemessen wurde, beträgt 890 hPa (=890 Millibar). Der normale, durchschnittliche Luftdruck in Meeresniveau liegt bei 1000 hPa. Im Einschlaggebiet eines Kleinplaneten geht erjedoch auf 200 hPa zurück, was in Verbindung mit derCoriolis-Kraftleine Folge der Erdrotation) zu einem superstarken Hurrikan führt, einem Hyperhurrikan oder kurz Hyperkan genannt. Ein solcher Hyperkan rast mit nahezu Schallgeschwindigkeit (1200 Kilometer pro Stunde) über die Erdoberfläche und hinterlässt eine breite Schneise totaler Verwüstung. Die Saugwirkung eines Hyperkan-Wirbels reißt Wasserdampf und Dreck mit 200 bis 250 Kilometer pro Stunde Geschwindigkeit bis über40 Kilometer in die Höhe. Die untere Stratosphäre wird zu einem Schild, das Licht-und Wärmestrahlen der Sonne abschirmt und so das Szenario eines nuklearen Winters hervorruft Das sonnenhungrige Leben auf der Erdoberfläche wird ausgelöscht.

 

Auf der Suche nach NE0s

Kleinere Einschläge werden von Kometenkernen odergroßen Meteoroiden hervorgerufen, große Treffer mit weltweiten Katastrophen sind auf Kleinplaneten zurückzuführen. Die meisten Planetoiden schwirren auf Bahnen zwischen der Mars-und der Jupiterbahn um die Sonne. Doch in den letzten Siebzigjahren wurden etliche Kleinplaneten entdeckt,

die die Erdbahn kreuzen und unserem Planeten recht nahe kommen können. Solche Erdbahnkreuzer wurden durch verbesserte Teleskoptechniken in jüngster Zeit in großer Zahl entdeckt. Man spricht auch von NE0s (Near Earth Objects), weil sie unserem Globus extrem nahe kommen können und längerfristig gesehen potenzielle Impakt-Kandidaten sind. Mitte der90erjahre hat die amerikanische Weltraumbehörde NASA ein spezielles Suchprogramm gestartet, das nach Möglichkeit alle gefährlichen NE0s aufspüren soll. Unter der Bezeichnung Spaceguard Survey sucht man mit vergleichsweise kleinen Teleskopen der Ein-Meter-Klasse nach erdbedrohenden Planetoiden, im amerikanischen Sprachgebrauch auch asteroids(= Asteroiden) genannt. Die Suche erfolgt dabei vollautomatisch. CCD-Kameras nehmen jeweils ein bestimmtes Himmelsfeld auf, wobei die Bilder nicht angesehen,sondern in einem Computer gespeichert werden. Dieser identifiziert mit einem speziellen Programm alle Objekte, die sich während der Aufnahmezeit bewegt haben. Das Programm filtert aus Tausenden von Sternen die Objekte heraus, die zu unserem Sonnensystem gehören. Dann werden die Ephemeriden von mehr als 30.000 Kleinplaneten mit den Aufnahmedaten verglichen. Gibt es für ein ausgefiltertes Objekt keine Ephemeriden, dann hat man in der Regel einen neuen Planetoiden oder einen noch unbekannten Kometenkern entdeckt. Jetzt beginnt der zweite Teil der Arbeit. Das neu gefundene Objekt muss so lange verfolgt werden, bis man seine räumliche Bahn im Sonnensystem bestimmen kann. Stellt sich heraus, dass es sich um ein NEO handelt, so wird es genauer beobachtet, um seine Gefährlichkeit zu überprüfen. Dabei klassifiziert man es nach der so genannten Turiner Skala. Sie geht auf Rock Binzel vom Massachusetts Institute of Technology (Cambridge, Mass., USA) zurück, der sie zur Risikoeinstufung von NE05 auf einer Konferenz 1999 in Turin vorgeschlagen hat. Ziel des Unternehmens Spaceguard Survey ist es, neunzig Prozent aller NEOs mit einem Kilometer Durchmesser oder größer bis zum Jahre 2008 zu finden. Bis Februar 2003 wurden 2225 NEOs entdeckt mit Durchmessern von zehn Meter bis dreißig Kilometer. Von nur 300 dieser NEOs sind aber die genaue Größe und Zusammensetzung bekannt. Man schätzt, dass die Gesamtzahl aller NEOs bis herab zu zehn Meter Durchmesser, die uns innerhalb der nächsten Million Jahre treffen könnten, etwa eine Million beträgt.

 

Bei Neuentdeckungen von kritischen NEOs sind die Medien immer gerne dabei. Warnungen vor einem Weltuntergang durch einen kosmischen Trefferwerden bereitwillig in Presse, Rundfunk und Fernsehen verbreitet. Stellt sich dann nach genauer Bahnberechnung heraus, dass das neu gefundene NEO doch nicht mit der Erde kollidieren wird, so ist das keine Meldung mehrweit. Eine Schlagzeile wie „Planetoid Nr. XY wird die Erde nicht treffen" wird kein Journalist bringen. Die Astronomen befinden sich dabei in einem Dilemma: Wenn ein NEO entdeckt wird, das sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf Kollisionskurs mit der Erde befindet,-soll man diesen Fund nun der Presse melden oder nicht?

Tut man es nicht, so wird man der Geheimniskrämerei beschuldigt. Man verweist darauf, dass die Öffentlichkeit und der Steuerzahler ein Recht darauf haben, alles zu erfahren, was die Astronomen so finden und tun. Selten kommt es aber zu einer differenzierten Berichterstattung. NEO-Hysterie zu schüren kommt allemal besseran, als Wahrscheinlichkeiten und Genauigkeiten von Bahnparametern darzulegen.

 

Jüngste Ereignisse

Immerhin sind kosmische Kollisionen auch in jüngster Zeit zu beobachten gewesen. So stürzte die Trümmerwolke des Kometen Shoemaker-Levy 9 im Juli 1994 in die dichte Jupiteratmosphäre und löste eine Serie von gewaltigen Explosionen aus.

Nicht nur globale Katastrophen drohen von kosmischen Projektilen, sondern auch lokale. Ein bekannter Meteoritenfall ereignete sich am 12. Februar 1947 über Sikhote-Alin in Ostsibirien. Auch die Bewohner von Wladiwostok beobachteten die riesige Feuerkugel samt langer Rauchfahne. Bald darauf entdeckte eine Expedition in schneebedeckter Landschaft den Aufschlagort dieses Meteoritenfalls. Über mehr als fünf Quadratkilometer war der Boden mit Kratern übersät -meist kleinere Löcher von einem halben Meter Durchmesser. Einige hatten jedoch Durchmesser von über dreißig Meter. Zahlreiche Meteorite wurden entdeckt, der größte wog rund zwei Tonnen.

Immer wieder werden helle Feuerkugeln gesichtet oder Einschläge von Meteoriten beobachtet. Einmal wurde ein Auto getroffen, dann wieder ein Hausdach durchschlagen. Am 27. März 2003 flammte gegen Mitternacht eine Feuerkugel über Wisconsin und Illinois auf. In den südlichen Vororten von Chicago wurden überein Gebiet von zehn Kilometer Länge rund fünfhundert Bruchstücke eines Steinmeteoriten gefunden, der rund zehn Tonnen Masse und etwa zwei Meter an Durchmesser groß war und in der Luft explodierte. Die Fragmente durchschlugen Hausdächer, Autos und Straßenbeläge. Menschen wurden nichtgetroffen.

Nach Eugene Shoemaker, Kometenentdecker und Impakt-Forscher, ereignen sich Vorfälle wie die Tunguska-Explosion nicht nur einmal im Jahrtausend, sondern einmal im Jahrhundert. Dies schloss er aus seinen Untersuchungen über die Kraterstatistik des Mondes und anderer Körper im inneren Sonnensystem. Seine Untersuchungen wurden von militärischen Geheimdiensten bestätigt. Ein Vierteljahrhundert lang haben Amerikaner und Russen -vor allem während des Kalten Krieges -mit Satelliten den Globus überwacht, um geheime Kernwaffentests oder den Start von Interkontinentalraketen des Gegners zu überwachen. Inzwischen sind diese Beobachtungsdaten freigegeben. Dabei stellte sich heraus, dass auch alle hellen Meteore und Feuerkugel-Erscheinungen registriert wurden. Etwa ein- bis zweimal pro Jahr kommt es zu einer Explosion in der Hochatmosphäre, die mehr Energie freisetzt, als einst die Atombombe über Hiroshima. Die meisten dieser gewaltigen Detonationen erfolgen über dem Meer oder über unbewohnten Gebieten. Je größer der Meteorit, desto tiefer dringt er in die Atmosphäre ein, bevor ihn eine finale Explosion zerreißt. Extrapoliert man diese Daten auf größere Körper, so zeigt sich, dass der Fall an der Steinigen Tunguska im Jahr 1908 keineswegs ein extrem seltenes Ereignis ist. Das kosmische Bombardement ist stärker, als bisher angenommen. Ein Tunguska Ereignis über dicht besiedeltem Gebiet würde eine Katastrophe mit Millionen Toten und Schwerstverletzten zur Folge haben. Unsere hoch technisierte Zivilisation ist ohnehin sehr verletzlich. Auch wenn keine Menschen direkt zu Schaden kämen, der totale Kollaps von Energie- und Wasserversorgung sowie die Ausschaltung der Telekommunikation und des Verkehrs hätten katastrophale Folgen.

Im September 2002 hielt das US Department of Defense (DoD) einen Workshop ab, um zu klären, wer im Falle einer konkreten Bedrohung durch einen Kleinplaneten auf Kollisionskurs mit der Erde wofür verantwortlich ist. Wem melden die Astronomen eine derartige Entdeckung? Was hat dann zu geschehen? Wie lassen sich Panik und Chaos vermeiden? Schon werden Pläne ausgearbeitet, Raketen zu einem Killer-Asteroiden zu entsenden, um ihn durch Kernexplosionen ein wenig aus seiner Bahn abzulenken. Aber auch wenn alle NE0s bekannt sind -aus dem riesigen Reservoir der Oortschen Komentenwolke tauchen immer wieder Projektile auf, die erst relativ spät geortet werden. Möglicherweise wird die Menschheit durch eine kosmische Kollision eines mehr oder minderfernen Tages ausgelöscht, ohne dass sie des Todesboten vorher gewahr wird.

nach Hans-Ulrich Keller: Kosmos Himmelsjahr 2004, Kosmosverlag 2003